Naturfarbstoffe

Grundlegend unterscheidet man wasserunlösliche Pigmente (meist aus Mineralien, Erden und Erzen gewonnen) und wasserlösliche Farbstoffe, wie sie etwa in Pflanzenextrakten oder tierischen Sekreten vorhanden sind. Farberscheinungen in der Natur können auch durch physikalische Phänomene wie optische Interferenzen entstehen und zu schillernden Farbwahrnehmungen führen (z.B. Regenbogen, Pfauenfeder, Morphofalter, Seifenblase). Zu den wichtigsten traditionellen Naturfarbstoffen gehören das Krapprot [D, E], der Naturindigo [F] und das Schüttgelb sowie der aus Purpurschnecken stammende Purpur und das aus der Cochenille-Laus gewonnene Karmin. Zu den heimischen gelb-färbenden Pflanzen zählen u.a. Färber-Wau, Färber-Ginster und Goldrutenarten [G], zu den rot-färbenden die Wurzeln des Färber-Meiers und der Labkräuter, zu den violett-färbenden die Wurzeln des Gewöhnlichen Natternkopfs (I). Darüber hinaus werden schon seit dem Mittelalter Farbstoffe aus Flechten, zum Beispiel Orseille, Lackmus oder Persio zum Färben verwendet. Dagegen ist die Nutzung von Pilzen zum Färben relativ neu. Sie lassen sich kaum kultivieren und müssen daher in der freien Natur gesammelt werden. Dennoch lassen sich mit den in ihnen enthaltenen Farbstoffen interessante und haltbare Färbungen erzielen. Beispiele sind der gelb-färbende Rotfuß-Röhrling, die rot-färbenden Hautköpfe [H] oder der orange-färbende Kiefern-Braunporling.

Angesichts der begrenzten Verfügbarkeit fossiler Rohstoffe, seltener Erden und Mineralien, die fast ausschließliche Ausgangsbasis für die Herstellung synthetischer Farbstoffe und Pigmente, und der allgemeinen Bedenken gegenüber künstlichen Farbmitteln ist geplant, in diesem Vorhaben ausgewählte historische Verfahren der Naturfarben-Gewinnung und des entsprechenden Färbens mit Blick auf Nachhaltigkeit zu reaktivieren.

Mit exemplarisch-systematischen Versuchsreihen sollen teils bekannte Materialien erneut, teils neue aus geeigneten, im europäischen Raum gedeihenden Färbepflanzen, Pilzen und Flechten gewonnen und hinsichtlich ihrer Qualität als Ersatzstoffe für eine mögliche breite industrielle Nutzung untersucht und mit Unterstützung einschlägiger Kooperationspartner erforscht und bewertet werden. Der Transfer historischen Wissens in den Wissenspool heutiger Farbforschung soll dazu dienen, den Diskurs um Ressourcen schonende Verfahren zu beleben.

[D] Krappwurzel (© Historische Farbstoffsammlung und IAPP, TU Dresden)

[E] Krapplack (© Historische Farbstoffsammlung und IAPP, TU Dresden)

[F] Indigo Java (© Historische Farbstoffsammlung und IAPP, TU Dresden)

[G, H, I] Kanadische Goldrute (links), Blutblättriger Hautkopf (Mitte), Natternkopf (rechts) (© Historische Farbstoffsammlung und IAPP, TU Dresden)