Der gegenwärtige Paradigmenwechsel in der Farberzeugung, ausgelöst vor allem durch innovative funktionelle und sensitive Farbstoffe sowie impulsgesteuerte Farb-Licht-Technologien, wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus und verändert die Farbwahrnehmung fundamental. Thermosensitive Pigmente, photochrome, fluoreszierende oder Nano-Farbstoffe haben ihrerseits die Innovationskraft der Teerfarbstoffe übernommen. Sie bewirken durch ihre Omnipräsenz vor allem in den Bereichen der Medien-, der Unterhaltungs- und Kommunikationsindustrie einen, so scheint es, unaufhaltsamen Wandel von der analogen Farberfahrung hin zu digital gestalteten virtuellen Farb-Licht-Welten. Dieser Wandel geht einher mit der Potenzierung komplexer Farbforschung und der Erschließung neuer Anwendungshorizonte. Infolge der technologisch bedingten Veränderung der "Sprache" der modernen Farben bedarf es auf Seiten der Rezipienten dringend einer Übersetzung, die sie in die Lage versetzt, diese veränderte Sprache zu verstehen. Hierfür eine Art "Grammatik" zu konzipieren", darin sieht FARBAKS eine seiner zentralen Anforderungen und Vermittlungsaufgaben.
Die Historische Farbstoffsammlung liefert in diesem Sinne Belegmaterialien für die Verbindung von Farbstoffen mit medizinischer Forschung und Diagnostik, für die Farbmacht in der Entwicklung des Konsumgüterbereichs und für das große Feld medialer Anwendungen in Fotografie, Film, Fernsehen und digitalen Medien sowie in der Umwelt-, Energie-, Sicherheits- und Informationstechnologie.
Mit Bezug auf die neuen Farb-Licht-Technologien kommt es der Sammlung zu, sich auf die damit verbundenen Wahrnehmungsveränderungen von Farbe und Farblicht zu fokussieren und sich hinsichtlich der Begriffe Stofflichkeit, Materialität, Immaterialität und Virtualität an als notwendig vermuteten Neudefinitionen und Neubewertungen zu beteiligen, dies durchaus experimentell, aber auch im Diskurs mit Physikern, Materialwissenschaftlern, Psychologen, Medienwissenschaftlern, Gestaltern und Künstlern. [M, N, O, P, Q]
Sie dient also als Materialbasis und Referenzschnittstelle innerhalb des Verbundes einerseits den Forschungen zu Alterung und zu Beständigkeit von Farbstoffen sowie zur Bedeutung des Farbverlusts bei Artefakten und damit zur Gefährdung der Wissensspeicher, vor allem medialer Provenienz; andererseits dient sie der Grundlagenforschung für eine neuartige Definition von Materialität, die die Farbe als Moment eines Reaktionsgefüges darstellt, das mit der Verfertigung nicht abgeschlossen ist, sondern in den Reaktionen der chemischen Stoffe mit der jeweiligen – biotischen, a-biotischen und sozialen – Umwelt weiterläuft.