Die acht Forschungsthemen des Verbundforschungsprojekts

Die Themenabfolge richtet sich zwar an dem Verlauf der 200-jährigen Farbgeschichte aus, doch versteht sich das Themenspektrum in seiner vielfachen Vernetzung und Gegenwartsorientierten Struktur als eine Einheit, innerhalb derer die einzelnen Forschungsfragen sowohl separat als auch in Bezug zueinander erarbeitet und diskursiv abgeglichen werden.

Die materielle Seite der Farben – Geschichte und Theorie ihrer Entwicklung

unterzieht die materielle Seite der Farben einer wissenschaftsgeschichtlichen Analyse, die den Bogen vom ausgehenden 18. Jh. und frühen Kategorisierungsversuchen bis hin zu aktuellen innovativen Farben in digitalen Kontexten spannt und dabei vor allem die wandelnde Bedeutung und Sprache der Stofflichkeit intelligent werdender Farben untersucht und Grundlagen für neue Standardisierungsverfahren für die Schnittstelle zwischen analogen und digitalen Farbanwendungen entwickeln will.

Forschungsvorhaben der FSU Jena
Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik
Ernst Haeckel-Haus
Leiter: Prof. Dr. Dr. Olaf Breidbach †
Bearbeiter: Dr. André Karliczek

Innovationen in Farbenherstellung und -anwendung – ihre Rezeption in der deutschen Kunstliteratur und Malereipraxis zwischen 1820 und 1880

fokussiert auf die Rezeption der innovativen industriell hergestellten Farben durch Künstler und Kunstwissenschaftler in den führenden Farbnationen Europas im 19. Jh. Es untersucht, ausgehend von goethezeitlichen Diskursen, einschlägige Quellenschriften auf Diskussionen der diesbezüglichen Errungenschaften für die künstlerische Praxis, vor allem im Abgleich mit der zeitgenössischen Malerei und der antikisierenden Wandmalerei.

Forschungsvorhaben der TU Dresden
Institut für Kunst- und Musikwissenschaft
Leiter: Prof. Dr. Henrik Karge
Bearbeiterin: Corinna Engel, M. A.

Entwicklung, Erscheinungs- und Wirkungsweise funktionaler und theoretischer gestaltungsrelevanter Farbinstrumente und ihre Gültigkeit für die aktuelle Farbforschung und Lehre

konzentriert sich für den gleichen Zeitraum wie Thema 2, jedoch bis hin zu den heutigen Farb- und Farbnormungssystemen, auf die Frage der Farbmetrik, die Erscheinungs- und Wirkungsweise von Objekten der Farbkategorisierung sowie auf Messinstrumentarien zur Standardisierung und Qualitätssicherung bis hin in den Anwendungsbereich. Untersucht werden deren gestaltungsrelevante Potentiale an exemplarischen Objekten der bildenden Kunst, der Gestaltung, serieller Gebrauchsgüter und der Bildmedien.

Forschungsvorhaben der TU Dresden
Professur für Gestaltung mit Sammlung Farbenlehre
Leitung: Prof. Dr. Ralf Weber, PD Dipl.-Ing. Eckard Bendin
Bearbeiterin: Kati Bergmann, M.Ed.

Farbe spricht – die materiellen Grundlagen des Immateriellen

untersucht durch Analyseverfahren die Materialeigenschaften resp. die substantiellen Wandlungsmöglichkeiten und die Verhaltensweisen von Farbe als Akteur in künstlerischen Kontexten und prüft technologische Messverfahren zur modellhaften Rekonstruktion originaler Farbigkeit in der Malerei des Expressionismus, vor allem im Hinblick auf die farbige Neudefinition der klassischen Moderne und untersucht weiterhin anhand von Alterungsprozessen von Farben die Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit von Farbmessinstumentarien.

Forschungsvorhaben der HfBK Dresden
Lehrbereich für Archäometrie
Leiter: Prof. Dr. Christoph Herm
Bearbeiter: Dipl.-Phys. Thomas Prestel

Farbige Moderne – Zur Analyse der Farbigkeit im Werk von Bruno Taut

wendet einen ähnlichen methodischen Ansatz auf Bruno Tauts Berliner Siedlungsprojekte an und sucht durch die Analyse und den Abgleich der originalen Materialproben sowie Taut'scher Farbentwürfe und -konzepte und anhand von Farbmusterkarten bestimmter Farbhersteller eine Lücke in der Architektur- resp. Restaurierungsgeschichte des frühen 20. Jh. zu schließen und die Rezeption der Epoche des farbigen Bauens auf eine fundiertere Basis zu stellen.

Forschungsvorhaben der FH Köln
CICS – Institut für Restaurierung und Konservierungswissenschaft
Leitung: Prof. Dr. Robert Fuchs, Dr. Doris Oltrogge
Bearbeiter: Dipl.-Rest. Stephanie Dietz

Die Farbe der Dinge. Farbfotografie und kulturelles Gedächtnis

wählt aus dem Bereich der modernen Medien- und Kunstgeschichte exemplarische Entwicklungen der Farbfotografie aus, speziell die Dokumentarfotografie der 40er bis 60er Jahre des 20. Jh., und untersucht anhand dieser Gattung die Fragen nach Dauer und Verlust des kulturellen Gedächtnisses in Relation zu den instabilen farbigen Speichermedien und damit zusammenhängend wissenschaftskritisch das behauptete Primat des Schwarz-Weiß als Medium der "richtigen" und auch beständigen Dokumentarfotografie. Mit dem Fokus auf die politisch veranlasste bzw. motivierte farbige Dokumentarfotografie der deutschen Diktaturen gilt das Augenmerk der semantischen Qualität der Farbe, ihren Geschichts- und Gesellschaftsbilder generierenden Potentialen.

Forschungsvorhaben der TU Dresden
Institut für Kunst- und Musikwissenschaft
Leiter: Prof. Dr. Jürgen Müller
Bearbeiterin: Felicitas Rhan, M. A., Katharina Arlt, M. A.

Vom Identifikations- zum Differenzsymbol. Die Farbe als gesellschaftliches Kommunikationssystem und Ausdruck sozialer Statuslagen im 20. und 21. Jahrhundert

zielt auf die Analyse der gesellschaftlichen Potentiale sowie tradierten gesellschaftlichen Codierungen von Farbe für die Konstruktion von Identität und Differenz. Dies geschieht im historischen Vergleich zwischen normativen historischen, auch diktatorischen, und gegenwärtigen demokratisch pluralen Gesellschaftsstrukturen und umfasst Erscheinungsweisen des Alltags, des kulturellen und politischen Lebens.

Forschungsvorhaben der TU Dresden
Institut für Soziologie
Leiter: Prof. Dr. Karl-Siegbert Rehberg
Bearbeiter: Dr. Paul Kaiser

Die Sammlung im Fokus. Materielle und immaterielle Farbstoffe und ihre historisch-innovativen Potentiale

erforscht anhand der Sammlungsbestände die Relationen von materiellen und immateriellen Eigenschaften von Farben aus der naturwissenschaftlichen wie aus der Nutzer-Perspektive, wobei sich der Fokus auch hinsichtlich der Alterung von Farbstoffen – besonders auf die chemischen Prozesse richtet, denen das Material Farbe ausgesetzt ist. Dies beschränkt sich nicht allein auf die Ebene der Objekte, sondern befragt speziell die Farbe als Material im Hinblick auf ihre Qualität als kunst-, kultur- und gesellschaftsgeschichtliches Speichermedium. Dessen neue, digital basierte Ausformung als intelligente Farb- und Licht-Stoffe erfordert entschieden die Neubewertung des Stofflichen und der Materialität der Farbe hinsichtlich einer sich intensiv wandelnden Wahrnehmung und Anwendung farbgenerierender Technologien.

Forschungsvorhaben der TU Dresden
Fachrichtung Chemie und Lebensmittelchemie mit Historischer Farbstoffsammlung
Leitung: Prof. Dr. Horst Hartmann, Prof. Dr. Eike Brunner
Bearbeiter: Reinhard Buchholz, Dr. André Karliczek